Energieeffiziente Multi-Hop-Kommunikation für das Internet der Dinge

»Towards Zero Power Electronics« – das ist nicht nur der vollständige Name des Fraunhofer-Leitprojekts ZEPOWEL, sondern auch das erklärte Ziel. Denn durch die zunehmende Vernetzung vieler Geräte im Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) steigt der Energiebedarf enorm. Deswegen arbeitet das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS (früher: Fraunhofer ESK) als eines von neun Fraunhofer-Instituten an einer extrem energieeffizienten und modularen Hardware, die die Energieprobleme von vernetzten Sensoren löst. Diese bildet die Basis für ein flächendeckendes Internet der Dinge.

Stromsparen in drahtlosen Sensornetzwerken

Um den Energieverbrauch in drahtlosen Netzwerken deutlich zu senken, forschen die neun Fraunhofer-Institute an zwei komplementären Lösungswegen: Zum einen entwickeln sie energiesparende Elektronik für das IoT, zum anderen soll die Kommunikation energieeffizient werden.

Fraunhofer IKS entwickelt energieoptimierte, zuverlässige Multi-Hop-Kommunikation

Multi-Hop-Kommunikation in einer Fabrikhalle
© Fraunhofer IKS
Bei der Multi-Hop-Kommunikation werden die Pakete über mehrere Zwischenschritte zum Ziel gesendet.

Hier setzt das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS mit seinem Ansatz für die energieeffiziente Multi-Hop-Kommunikation unter Berücksichtigung der Latenzanforderungen an. In einem Wireless Sensor Network (WSN) senden die einzelnen Sensoren Daten. Hier gilt: je höher die Sendeleistung, desto höher der Energieverbrauch. Durch eine Anpassung der Sendeleistung lässt sich somit Energie einsparen. Jedoch darf darunter nicht die Quality of Service (QoS) leiden, denn gerade im industriellen Umfeld sind geringe Latenzzeiten und niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten Voraussetzung für den zuverlässigen Betrieb des Netzwerks.

Garantierte Latenzzeiten

Der Power-Minimierungsalgorithmus des Fraunhofer IKS prognostiziert deswegen die optimale Sendeleistung, die die Einhaltung der geforderten Latenz und deren Ausfallwahrscheinlichkeit garantiert. Besonders in der Prozess- und Fabrikautomatisierung ist es wichtig, dass die Latenzanforderungen nicht nur im Durchschnitt erfüllt werden. Viele industrielle Anwendungen fordern, dass nur ein bestimmter Prozentsatz von Paketen eine Latenz über einer definierten Schwelle aufweist. Deswegen ist die Berücksichtigung der sogenannten Latenzausfallwahrscheinlichkeit von einer essenziellen Bedeutung im Netzwerkdesign-Prozess.

Maximale Energieeinsparung bei garantierter Quality of Service

Auf Basis der Berechnung der Ende-zu-Ende Latenzausfallwahrscheinlichkeit bestimmt der Power-Minimierungsalgorithmus die minimal notwendige Sendeleistung der Knoten im Multi-Hop-Netzwerk. Dadurch kann zum einen garantiert werden, dass die geforderte Quality of Service für die konkrete Anwendung erreicht wird. Gleichzeitig wird durch die optimierte Sendeleistung der Energieverbrauch verringert.

Der Algorithmus des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme IKS ermöglicht so eine maximale Energieeinsparung bei der Multi-Hop-Kommunikation bei gleichzeitiger Einhaltung der geforderten Ende-zu-Ende Latenzen und Ausfallwahrscheinlichkeiten.

Dieser Vorteil macht sich besonders bei batteriebetriebenen Sensoren bemerkbar, da aufwendige Batteriewechsel vermieden werden bzw. entfallen. Ein weiterer Vorteil ist die verbesserte Koexistenz zwischen benachbarten Netzwerken: Da nicht alle Knoten die maximale Sendeleistung beanspruchen, werden Beeinträchtigungen und Interferenzen vermieden.

Grafik Power-Minimierungsalgorithmus des Fraunhofer ESK
© Fraunhofer IKS
Der Power-Minimierungsalgorithmus des Fraunhofer IKS berechnet die notwendige Sendeleistung der einzelnen Knoten unter Berücksichtigung der erforderlichen Ende-zu-Ende Anforderungen der Anwendung: Latenz und Ausfallwahrscheinlichkeit.

Anwendungsszenario: Überwachen von Industrieanlagen

Industrieanlage
© iStock.com/WangAnQi
Der Ansatz des Fraunhofer IKS lässt sich beispielsweise für das Monitoring in einer Industrieanlage einsetzen.

Ein mögliches Anwendungsszenario für die energieeffiziente Multi-Hop-Kommunikation stellt beispielsweise die Überwachung von Industrieanlagen dar. Um den Betrieb der Anlage in Echtzeit zu überwachen, messen batteriebetriebene Sensoren ausgewählte Parameter, die den Zustand der Geräte oder der Anlage beschreiben, und senden diese mittels Funkkommunikation an eine zentrale Steuerung.

Der Ansatz des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme IKS führt in einem solchen Szenario zu einer erhöhten Batterielaufzeit in den Sensoren und so zu geringerem Wartungsaufwand. Gleichzeitig sind die geforderten Latenzzeiten und Ausfallwahrscheinlichkeiten der Parameterübermittlung garantiert, so dass ein zuverlässiger Betrieb der Anlage gewährleistet ist.

Da für die Einhaltung der Latenzgarantie die minimal notwendige Kanalqualität (Signal-to-Noise Ratio, SNR) für jede Verbindung des Multi-Hop-Pfades bestimmt wird, können weitere Maßnahmen getroffen werden, um die optimale SNR pro Hop zu erreichen. Solche Maßnahmen beinhalten u.a. die Anpassung der Modulation oder die Beeinflussung des Pfadverlustes durch Neuplatzierung der Knoten oder Änderungen im Routing-Prozess. Die Flexibilität des Algorithmus ermöglicht die Nutzung in einer Vielzahl von Anwendungen im Bereich der Prozess- und Fabrikautomatisierung sowie der Fertigung. Dabei ist der Einsatz nicht nur auf Multi-Hop-Netzwerke beschränkt. Auch Single-Hop-Verbindungen oder Netzwerke mit wenigen Knoten profitieren von den Vorteilen.

IEEE 802.15.4e für zuverlässigen Netzbetrieb

Für die Implementierung des Algorithmus nutzt das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS den Standard IEEE 802.15.4e. Das TSCH-(Time Slotted Channel Hopping)-MAC-Verfahren hat den Vorteil, dass jeder Knoten im Netz seinen eigenen Zeitslot im Datenstrom exklusiv nutzen kann. Zusätzlich wird die Übertragungsfrequenz nach jedem Zeitslot variiert, was die Zuverlässigkeit der Übertragung erhöht. Die Sensorknoten sind mit dem Betriebssystem Contiki-NG ausgestattet, das speziell für Low-Power-Geräte und WSN entwickelt wurde.